Mittwoch, 4. März 2015

Opernbesuch "Der Freischütz"

Mein erster Opernbesuch und meine Beurteilung als Neuling

Am letzten Freitag habe ich mich - zugegeben nicht ganz vorurteilsfrei- auf den Weg zum Kölner Musical Dome gemacht, um mir zum ersten Mal in meinem Leben eine Oper anzusehen! Denn die Oper Köln bietet einen speziellen Sondertarif an, mit dem Schüler für wenig Geld Vorstellungen besuchen können.


Ein nackter Teufel, blonde Barbie-Hausfrauen, und böse McDonalds Clowns: so hatte ich mir die Inszenierung des klassischen Carl Maria von Webers Stücks jedoch nicht vorgestellt. Überraschend anders, vulgär überzogen, lautet mein Fazit als Laie.
Im "Freischütz" geht es um den jungen Jäger Max, der die Försterei des Vaters seiner Geliebten Agathe erben soll, wenn er sich bei einem alles entscheidenden Turnier als guter Schütze beweist. Er aber traut sich diese Aufgabe nicht zu, und lässt sich von seinem hinterwäldlerischen Konkurrenten Kilian dazu verleiten, sogenannte Freikugeln (Kugeln, die ihr Ziel nie verfehlen, egal wohin ein Schütze schießt) in der vom Teufel besessen Wolfsschlucht zu gießen. Was er nicht weiß: Der Packt von Satan Samiel und Kilian besagt, dass eine der Kugeln Agathe treffen soll. Am Tag des Turniers scheint es tatsächlich so, als ob Max seine Angebetete getötet hätte, aber ihre Liebe besiegt den Bann und sie trotzt dem Teufelsfluch.
Die Kölner Inszenierung des aus dem Jahr 1821 stammenden Stücks ist gewagt mutig aber leider zu zwanghaft in die modernen Zeit übertragen: so jagen sich die Schützen beim Paintball statt auf Vögel zu schießen, das Böse trägt Clownskostüm, und ein typisch unemanzipiertes Frauenbild wird durch rosa-blonde Barbie-Hausfrauen mit kurzen Kleidchen gezeichnet - oder sollte das Sozialkritik sein..? Ein "Freischütz" in traditionell bayrischer Alpenkulisse ist überholt, aber muss es denn gleich ein pinkfarbener Waschsalon sein? Der Clownsteufel fährt ständig in einer Kühltruhe herum, Frauen und Männer sind strickt nach der klischeeartigen Geschlechtertrennung separiert, und Max ist gleich eine ganze Generation älter als die so jung anmutende Agathe. Auch geht die Interpretation für meinen Geschmack an einigen Stellen schlichtweg zu weit - nämlich unter die Gürtellinie! So zum Beispiel, als der McDonalds Samiel sein wahres Gesicht zeigt, und sich gleich im Adamskostüm präsentiert; da konnte der Schlips, der dem Darsteller als Sichtsperre locker um den Hals baumelte auch nicht mehr viel verdecken; oder als in der Wolfsschluchtszene plötzlich eine ganze Armada der gruseligen Clowns auftritt und die herumliegenden Leichen vergewaltigt. Leichenschändung war sicherlich nicht in der ursprünglichen Form beabsichtigt...
Begeistert bin ich allerdings von dem Gesang der Schauspieler, so klar, schön und laut hallten die Arien durch die Reihen. An sich hat mir auch der Grundgedanke einer moderne Inszenierung eines doch alt und stigmatisiert wirkenden Stückes gut gefallen, aber leider ist diese an dem Verwirklichungswahn des Regisseurs gescheitert!
Von der Oper an sich bin ich jedoch positiv überrascht, und ich freue mich bereits auf die nächste, die ich besuchen werde.


Zum Schluss möchte ich kurz eine Begegnung schildern, die mich an diesem Tag sehr nachdenklich gestimmt hat: Auf dem Weg nach Hause im Zug sehe ich einen Flaschensammler, der die Mülleimer nach Pfandgut durchsucht. Der Mann ist bestimmt über 70 Jahre alt, und quält sich auf wackeligen Beinen durch den das Abteil; Beschämt schaue ich weg; ich bin erst 16 Jahre jung, trage Blazer und schicke High Heels, und komme gerade aus einer Oper...

3 Kommentare:

  1. Ja, die moderne Inszenierung von klassischen 'Meisterwerken ist mir auch ein Graus, deswegen bleibe ich davon grundsätzlich fern. Es wäre ein Graus, das erleben zu müssen...

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  2. Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr in Oper und Theater. Bei Inszenierungen wie der von Dir so anschaulich beschriebenen möchte ich eigentlich auch gar nicht.
    Schöner Artikel. Besonders Deine Begegnung mit dem Flaschner passt zum Vergleich mit der Oper, bei der Geld, oftmals Zuschüsse aus Steuergeldern, für Ideen aus dem Fenster geworfen wird, die nur einen kleinen Teil der Menschen erfreut, während andere um's pure Überleben kämpfen müssen.

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  3. Ja das stimmt, über den Flaschensammler musste ich noch lange nachdenken...

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